In diesem Artikel entsteht eine Sammlung von Dingen die wir von Spielen für die Lehre lernen können. Die Ideen stammen von den Teilnehmern des Gamification-Workshops vom 30.11.2016 und sollen hier gesammelt und weiterentwickelt werden.
Was muss ich tun, um ein hervorragendes Hochschulzeugnis zu bekommen und den gewünschten Job? In der Realität, auch in dt. Hochschulen, sind die konkreten Schritte zu solchen Zielen keineswegs klar oder transparent. Oft ist nicht einmal genau klar, was getan werden muss um in einem Fach eine besonders gute Note zu bekommen. Gamification hingegen arbeitet mit klaren, messbaren Zielen. Es wird klar formuliert, welche Kriterien zu erfüllen sind und welche Folge (z.B. Belohnung) diese haben. Gut gewählte und klare Ziele wirken sich positiv auf die Motivation aus (vgl. Hoy & Schönpflug, 2008).
Unter Autonomie im Lehr- und Lernkontext versteht man, dem Lerner Wahlmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dies kann die Auswahl der Lerninhalte oder auch das Vorgehen bei der Erarbeitung dieser sein. Im klassischen Hochschul- und Schulunterricht ist es nur sehr eingeschränkt möglich, solche unterschiedlichen Lernpfade zu ermöglichen. Für die Bildung und Aufrechterhaltung intrinsischer Motivation ist Autonomie aber sehr vorteilhaft (siehe Self Determination Theory) und sollte deshalb in gamifizierten Lernumgebungen, trotz des zusätzlichen Aufwandes, ermöglicht werden. Dabei ist zu beachten, dass es weniger wichtig ist wie viele Möglichkeiten zur Wahl stehen, als dass überhaupt Wahlmöglichkeiten angeboten werden.
Manchmal reicht gefühlte Autonomie
Studien haben gezeigt, dass bereits eingeschränkte Auswahlmöglichkeiten das Gefühl von Autonomie geben können. So könnte man z. B. Studierenden freistellen welche Aufgabe aus einer Auswahl bearbeitet wird oder auch in welcher Reihenfolge die Aufgaben bearbeitet werden.
Studium, Arbeit sowie die meisten anderen Aktivitäten sind auf ein Ziel ausgerichtet, dass bei Erreichen eine bestimmte Belohnung verspricht. Allerdings erfolgt die Belohnung, und damit das Feedback auf eine Handlung, meist sehr spät: Bei Vorlesungen erst Wochen nach dem Schreiben der Klausur, im Falle des Studiums sogar erst am Ende von mehreren Jahren. Vorteilhafter für die Motivation sind jedoch kontinuierliche Belohnungen und kontinuierliches Feedback. Am deutlichsten wird das bei Handyspielen, die oft den Spieler alleine für das Öffnen des Spiels bereits belohnen und in denen kleinere Belohnungen auch dann erfolgen, wenn ein Ziel nicht erreicht wurde (vgl. Minion Rush).
Hinweis: Vorsicht vor neg. Feedback
Wenn Studierende gleich zu Beginn eines Kurses häufig negatives Feedback erfahren ist zu befürchten, dass es dem Lernen und der Motivation schadet. Feedback sollte deshalb positiv und ermutigend formuliert werden.
Flow-Erleben bezeichnet einen Zustand, in dem das Bewusstsein mit einer Handlung verschmilzt und die Aufmerksamkeit sich vollständig auf diese richtet. Dieser Zustand gilt für das Lernen als sehr förderlich und erzeugt zudem Glücksgefühle (vgl. Engeser & Vollmeyer, 2005), allerdings tritt er (neben weiteren Bedingungen) nur bei Passung von Fähigkeit (F in der Grafik) und Aufgabenschwierigkeit (A in der Grafik) auf. In der Hochschullehre erfolgt der Einstieg in komplexe Themengebiete meist relativ schnell mit der Folge, dass Studierende mit einer hohen Schwierigkeit bei (noch) niedriger Fähigkeit konfrontiert werden. Spiele und Gamification versuchen hingegen mit einer sehr niedrigen Schwierigkeit zu beginnen und diese kontinuierlich an die Fähigkeiten anzupassen um das Auftreten von Flow zu begünstigen.
Die Beurteilung von Leistung ist nicht ohne einen Maßstab, bzw. eine Norm, möglich. Man kann Leistungen entweder durch den Vergleich mit anderen Studierenden (soziale Bezugsnorm) oder im Vergleich zu vorherigen Leistungen (individuelle Bezugsnorm) betrachten. Für das Lernen ist die Individuelle Bezugsnormorientierung vorteilhaft. In Schule und Hochschule liegt, aufgrund der Beurteilung mit Noten anhand eines absoluten Maßstabes eine soziale Bezugsnorm vor. In Computerspielen ist es hingegen so, dass Level meist immer wieder gespielt werden können um das eigene Ergebnis zu verbessern. Im Rahmen von Gamification wird durch die Kombination von individueller und sozialer Vergleichsnorm versucht, eine möglichst große Motivation zu erreichen.
Die Hochschule folgt, ebenso wie die Schule, einer zeitlichen Taktung. Studierende schreiten nach einem halben Jahr (Semesters) zu den nächsten, meist etwas schwereren und anspruchsvolleren Inhalten, fort. Diese Taktung setzt sich innerhalb des Semesters fort, auch hier erfolgt das Fortschreiten nach einem Wochenraster. Dieses Vorgehen ist problematisch, denn oft werden Studierende mit fortgeschrittenen Inhalten konfrontiert, bevor sie die grundliegenden Inhalte verstanden und verinnerlicht haben. Gamification implementiert hingegen typischerweise ein kompetenzorientiertes Vorgehen, d.h., dass fortgeschrittene Inhalte bearbeitet werden können sobald grundlegende Inhalte gemeistert wurden.
Abbildungen und Beschreibung der Abschnitte soweit nicht anders genannt: Simon Roderus, lizenziert unter CC BY-SA 4.0.